EEV AG zum Thema: Erneuerbare Energien – Offshore-Windanlagen

Als die ersten größeren Windenergieanlagen (WEA) in den 1980er Jahren in Deutschland mit einer Nennleistung von maximal 600 kW gebaut wurden, gab es in der Tat schon damals Visionäre, die verstanden haben, dass besonders viel Windenergie nicht nur an den Küsten von Nord- und Ostsee anfällt, sondern insbesondere auch vor den Küstenlinien bereits auf der See. Zur eindeutigen Unterscheidung der Bereiche haben sich die Deutschen sogleich wieder bereitwillig der Vorherrschaft der Anglizismen unterworfen und sprechen nun im Hinterland von „onshore“ und der Küste vorgelagert im Wasser von „offshore“, das klingt wohl wissenschaftlicher.

Diese Unterscheidung ist in der Tat bitter nötig, denn die Wind- bzw. die Energieausbeute ist vor der Küste wie erwartet deutlich größer und auch weitgehend stetig, was sehr wichtig ist. Flaute ist dort selten, wie jeder weiß. Auf der anderen Seite ist die Errichtung dieser Bauwerke, die sehr stabil gegründet sein müssen, im weichen Schlick des Nordseegrundes eine echte bautechnische Herausforderung.

Umfangreiche Voruntersuchungen bis hin zur geophysikalischen Erkundung des Untergrundes werden hier vorausgesetzt. Und die elektrotechnische Anbindung dieser Anlagen an das bestehende Stromnetz auf dem Festland ist allein schon ein weites Themenfeld. Offshore-Anlagen können so viel elektrische Energie produzieren, dass die paar küstennahen Orte als Abnehmer völlig überfordert wären, der Sinn der Sache ergibt sich erst dann, wenn die große Menge elektrischer Energie der Offshore-Anlagen auch weiter ins Landesinnere, möglichst sogar bis hin zum Alpenrand transportiert werden kann. Darin liegt auch politischer Zündstoff zwischen den Ländern. Gerade hat Bayern z. B. die Verlegung von kostenintensiven Erdkabeln anstelle von Hochspannungsmasten entschieden.

Um die Jahrtausendwende wurde es dann offenkundig, dass Deutschland eigentlich nicht groß genug ist, um eine genügende Zahl von WEA onshore überhaupt aufstellen zu können. Außerdem wusste man auch, dass es sehr viele unlohnende windschwache Regionen gibt, und es gab auch politische Blockadehaltungen für die Windkraft, insbesondere in Hessen, Baden-Württemberg und Bayern. In der Konsequenz hat dann die damals noch rot-grüne Bundesregierung den Ausbau der Offshore-Windenergieproduktion beschlossen. Dazu gab es dann im Jahr 2010 natürlich auch ein Papier mit der treffenden Bezeichnung Energiekonzept. Darin wurde verordnet, dass bis zum Jahre 2020 eine Offshore-Windleistung von 10.000 MW zur Verfügung zu stehen hat, die bis 2030 auf 25.000 MW auszubauen ist. Die Nuklearkatastrophe infolge des Tohoku-Bebens von 2011 gab diesen hohen politischen Ambitionen noch Recht.

Der erste deutsche Offshore-Windpark mit der Bezeichnung „alpha ventus“ in der AWZ (ausschließliche Wirtschaftszone) liefert seit Ende 2009 elektrische Energie mit einer Gesamtleistung von 60 Megawatt.

Die Verteilung des Windes in Deutschland

Einen interessanten Überblick über die jährliche mittlere Windgeschwindigkeit in 10 m Höhe für Deutschland liefert eine Karte von der Universität München. Dazu sollte man wissen, dass die Nennleistung einer WEA für einen recht ordentlich starken Wind von 10 m/s angegeben wird. Eine Karte, die Jahresdurchschnittswerte ausweist, bezieht natürlich die langen Zeiten relativer Windstille mit ein. Daher sind diese integralen Zahlen unbedingt nur im relativen Vergleich zu sehen.

Süddeutschland zeichnet sich hier mit einer durchschnittlichen Windgeschwindigkeit von weniger als 3 m/s als ziemlich windschwach aus. Ausnahmen bilden die sich deutlich abzeichnenden Höhenlagen: Schwarzwald, Alpenrand, Bayerischer Wald, Schwäbische- und Fränkische Alb. West- und Ostdeutschland sind mit 3 bis 4 m/s etwas windiger. Auch hier ragen die Höhenlagen der Mittelgebirge Harz, Sauerland, Thüringer Wald, Rhön und Erzgebirge wieder als „positive Anomalien“ heraus. Nord- und Ostseeküste, Hamburg und ganz Schleswig-Holstein heben sich in der Karte mit 4 bis 5 m/s hervor. Mehr als 5 m/s Jahreswinddurchschnitt zeigen dann nur der gesamte Bereich der Nordseeküste und auch noch Rügen und die westlich vorgelagerte Ostseeküste bis fast nach Rostock. Die fortgesetzte Windsteigerung in Richtung See lässt sich hier leicht extrapolieren.

Offshore Windenergieanlagen

Im § 3 Nr. 9 des Erneuerbaren Energien Gesetz (EEG) wurde die Definition für Offshore-Anlagen festgelegt: Diese müssen seewärts mindestens 3 Seemeilen (3 x 1852 m) von der Küstenlinie entfernt aufgestellt sein. Viele geeignete Flächen liegen sogar außerhalb der 12-Seemeilenzone, der „Ausschließlichen Wirtschaftszone“ (AWZ), da hier geeignetere Flächen in 40 Meter Wassertiefe verfügbar sind. Nach der Errichtung der zwölf 5-MW-Anlagen des Testfeldes „alpha ventus“ im Herbst 2009 folgte im März 2010 der Bau zweier weiterer Offshore-Windparks mit 32 Anlagen in Nord- und Ostsee. Da eben bis 2009 noch keines der bereits genehmigten Vorhaben realisiert war, wurden zur Ankurbelung der politisch beschlossenen Energiewende die Vergütungssätze im EEG deutlich erhöht.

Während der ersten 12 Jahre startet die Stromvergütung für Offshore-Windenergieanlagen mit 13 Cent/kWh (Windenergie Offshore: § 31 EEG). Zum Vergleich: Im EEG 2004 waren 8,74 Cent/kWh ausgewiesen. Für jene Anlagen, die bis zum Ende 2015 in Betrieb gehen, werden gesetzlich festgelegt sogar 15 Cent/kWh vergütet. Danach folgen dann im EEG noch viele komplex ineinandergreifende und sich z. T. widersprechende Angaben über Zeiten und Vergütungen, die wahrscheinlich die Autoren selbst nicht verstehen, und im Prinzip noch eine Geschäftsgrundlage für viele Kläger und Beklagte darstellen werden. Da ist z. B. von einem „Stauchungsmodell“ mit 19 Cent/kWh Anfangsvergütung die Rede unter der Bedingung, dass in diesem Modus der Vergütungszeitraum auf 2/3 verkürzt wird usw. Darüber hinaus wird die Vergütung auch noch vom Küstenabstand und der Wassertiefe abhängig gemacht, was ja durchaus zu verstehen ist vor dem Hintergrund, dass die Investitionen für Offshore-Anlagen weiter draußen vor der Küste wesentlich mehr zu Buche schlagen. Natürlich kann man im Computerzeitalter Regelungen beliebig kompliziert machen, denn auch ausufernde Excel-Tabellen brauchen kaum Speicherplatz, übersehen wird dabei aber nur allzu oft, dass man die Menschen, in diesem Fall die Unternehmer und Investoren auch mitnehmen muss auf die Reise. Wo Regelungswut zum Selbstzweck wird, gibt es nur noch wenige Menschen, die da mitgehen wollen.

Die Regierung von Angela Merkel beschloss 2012 eine ziemlich umstrittene Offshore-Haftungsregel, die besagt, dass entstehende Entschädigungsansprüche z. B. für fehlende Anschlüsse der Windparks teilweise auf den Strompreis umgelegt werden können. Die Netzbetreiber werden lediglich nur bis einem Betrag in Höhe von 110 Mio. € in Haftung genommen, abhängig von ihrem Verschuldungsgrad, über den sich trefflich lange streiten lässt. Die dafür eingerichtete Umlage braucht Großverbraucher mit mehr als 100.000 kWh nicht weiter interessieren, denn sie sind davon befreit. Der § 17f EnWG (Energiewirtschaftsgesetz) regelt diese Offshore-Haftungsumlage völlig unabhängig vom EEG.

Kleine physikalische Begriffsklärung

So eine 6-Megawatt-Offshoreanlage liefert natürlich nicht ständig die gleiche Energie. Jeder weiß, dass die Ausbeute windabhängig ist. Aber wie ein Fahrrad, hat auch eine WEA sozusagen eine Gangschaltung (Getriebe), d. h. der schwere Rotor kann auch schon „im 1. Gang“ von einer leichten Brise in Gang gesetzt werden. Bei größeren Windstärken wird automatisiert ein „höherer Gang“ eingeregelt, und bei Sturm wird der „Stall“ der einzelnen Rotorblätter so verstellt, dass diese nicht mehr optimal im Wind stehen, also nur noch einen Teil des Energieüberangebots überhaupt in Empfang nehmen können. Bei Orkan wird die Drehung der Rotoren sogar ganz heruntergefahren, um Beschädigungen zu vermeiden. Auf diese Weise wird technisch erreicht, dass eine WEA über ein recht weites Spektrum von Windgeschwindigkeiten möglichst effektiv arbeiten kann. Die Leistungsangaben beziehen sich aber immer auf einen „Normwind“ von 10 m/s, das entspricht der Geschwindigkeit 36 km/s. Wer mal mit 36 km/h (ohne Helm) Moped gefahren ist, hat ein Gefühl für diese Windstärke.

Leistung wird in Watt (= Spannung U x Strom I) gemessen und bedeutet Energie pro Zeit. Umgekehrt gilt, dass Energie = Leistung mal Zeit ist und daher ergibt sich für die Energie z. B. die Maßeinheit Watt x Stunde, oder eben Kilo-Wh oder Mega-Wh. Die älteren Leser kennen noch die besonders helle 100 Watt Glühbirne, die heute verbotene „Schmuddel“Birne mit dem heißen Glühfaden. Eine einzige 6 MW Offshore-Anlage würde also bei einem konstanten Wind von 36 km/s mehr als 2 Mio. dieser Glühbirnen dauerhaft leuchten lassen. Da diese Glühbirnen mit 220 Volt betrieben werden, würde in diesem Stromkreis mehr als 27.000 Ampère fließen. Die Kupferkabel hätten hier die Stärke der Oberschenkel von Elefanten. Man zahlt für alles einen Preis

Auch in diesem besonderen Fall ist es wieder einmal die Tierwelt, die die Zeche für unsere Energiewende und unseren Wohlstand zu zahlen hat. Die sogenannte Vogelschlagproblematik ist ja bei Windenergieanlagen schon lange bekannt. Im Offshorebereich intensiviert sich das aber nochmals, weil die Vogeldichte (Möwen und auch andere seltene Seevögel) in Küstennähe meistens größer ist als im Inland. Die äußersten Spitzen der fast 100 m langen Rotorblätter rasen mit nahezu 1.000 km/h durch die Luft, allein schon den Luftzug in der Nähe kann kein Tier überleben. So beklagen Umweltschützer zurecht immer wieder ein Vogelmassensterben in unmittelbarer Nähe dieser Anlagen.

Weitere Leidtragende sind möglicherweise auch die Wale und Orcas, was aber noch näher untersucht werden muss. Es sind nicht nur die Rotoren selbst, die den sogenannten Ultraschall (Schallfrequenzen kleiner als 10 Hz, die vom menschlichen Ohr nicht mehr wahrgenommen werden) in das Medium Wasser einstreuen, sondern sogar die wippenden, schwankenden Bewegungen der Fundamente, die langwellige Schallwellen im Wasser erzeugen. Dieser „Unterwasserkrach“ läuft z. T. mehrfach um den Globus und wird möglicherweise von den Meeressäugern „missverstanden“. In der Folge kommt es in letzter Zeit immer wieder vermehrt zu Anlandungen dieser Tiere in viel zu seichten Buchten.

Besondere Herausforderungen für Offshore-Anlagen

Offshore-Standorte stellen mit ihren Bedingungen sehr hohe Ansprüche an Windenergieanlagen. Daher sind für diese Situationen spezielle Anlagentypen entwickelt worden. Die Hersteller haben dabei zwei Optionen: Entweder sie modifizieren ihre Onshore-Anlagen (man spricht hier auch von „Marinisierung“), oder sie stürzen sich in eine komplette Neuentwicklung von Offshore-Anlagen. Besondere Anforderungen sind z. B. die hohen mechanischen Belastungen wegen der sehr hohen Windgeschwindigkeiten oder auch die salzhaltige Luft, die einen sehr effektiven Korrosionsschutz erfordert. Zu diesem Zweck wurden extra meerwasserbeständige Werkstoffe entwickelt, bestimmte Baugruppen können ggf. auch vollständig gekapselt werden, und eine Überdrucksituation im Maschinenhaus verhindert das Eindringen feuchter und salzhaltiger Außenluft. Gerade im Offshorebereich ist man natürlich an einer möglichst vollständigen Vermeidung von Stillständen oder Ausfälle interessiert. Daher sind diese Anlagen mit quasi umfassenden sensorischen Überwachungssystemen ausgestattet, die permanent Logdaten über den Zustand aller Komponenten in eine Zentrale senden. Es gibt für kleinere Reparaturen auch gleich Bordkräne vor Ort und sogar eine Hubschrauberplattform. An manchen Stellen findet man auch spezielle Anlandeplattformen, die für hohen Seegang ausgerüstet sind.

Wie geht es weiter?

Interessanterweise machen aber die Turbinen bei Offshore-Windparks nicht einmal den Löwenanteil der Kosten aus. Anders als im Onshorebereich machen die Kosten für die Fundamente, Installationen, Netzanschlüsse und Innerparkverkabelungen mehr als 50 % der Gesamtkosten beim Offshore-Windpark aus. Diese „Nebenkosten“ und auch der Aufwand für Logistik und Wartung bleiben quasi gleich hoch, egal, für welche Turbinenleistung man sich schließlich entscheidet. Das ist einer der Gründe dafür, dass in der Offshorebranche schon seit Jahren dieser Trend zu immer größeren Turbinenleistungen zu beobachten ist. Bis ins Jahr 2010 ungefähr wurden die (ersten) Offshore-Windparks mit 2 – 3 MW-Turbinen ausgestattet, deren Rotordurchmesser meistens 80 – 100 m betrugen. Danach wurden eigentlich nur noch Anlagen mit 3.6 – 6 MW errichtet mit Rotordurchmessern von 107 bis 126 m. Ab 2013 gibt es nun Anlagentypen mit Nennleistungen bis 8 MW und Rotordurchmessern bis zu 171 m. Die neuesten Anlageprototypen zeichnen sich heute durch besonders große Rotorblattflächen aus. Bereits in der Entwicklung befinden sich 10 MW-Anlagen mit Rotordurchmessern bis zu 200 Meter.

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